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„Beam me Up, Scotty“ – Bald Realität oder Unsinn?

2. September 2023

Captain Kirk, der legendäre Scotty und der spitzohrige Halbvulkanier Spock liess sich gerne in Echtzeit von einem Ort zum anderen „beamen“. Warp-Antrieb, Beamen, Communicator: Die „Star Trek“-Serie hatte in den vergangenen Jahrzehnten technologische Entwicklungen auf verblüffende Weise vorweggenommen. Was aber Unsinn war, ist beispielsweise das Beamen von Menschen. So spannend dieser Vorgang auch wäre, so unmöglich ist er, sagen die Fachleute auf dem Gebiet der Quantenteleportation.

Dieser Beitrag wurde verfasst von:

Joel Charles Wuethrich

Joel Charles Wuethrich

Agentur Working Press Basel

Was jedoch durchaus möglich ist, zeigen TV-Sendungen wie beispielsweise die Sport-Talkshow „L’Antichambre“ aus Montreal, produziert vom Sportsender RDS (siehe https://www.rds.ca/videos/hockey/antichambre-phillip-danault-se-teleporte-dans-l-antichambre-canadiens-3.1344559 ). Hier werden Spieler für Interviews live als Hologramme zugeschaltet und die Interviewer können mit den Protagonisten so reden, als ob sie vor ihnen stünden.

In der Theorie machbar – aber mit verheerenden Folgen

Warum aber, ist die Teleportation von menschen als real existierende „Masse“ beziehungsweise als Materie nicht möglich, wo doch die Wissenschaft Fortschritte macht, die man zuvor kaum für realisierbar halten könnte? 1993 hat eine kleine Forschergruppe um den Physiker und Computerwissenschaftler Charles H. Bennett erfasst, wie die Teleportation von Materie theoretisch stattfinden könnte. Drei Schritte wären dazu nötig: Durch das Scannen (die Messung) wird die benötigte Information über das Original gewonnen. Diese Information wird zum Empfänger übertragen. Der Empfänger nutzt die Information, um die Kopie aus einem geeigneten Rohmaterial zu erzeugen. Es gibt hierbei jedoch ein grosses „Aber“: Dieser Prozess würde das Original zerstören, was als Option nicht wirklich wünschenwert sein kann. Auch im ethischen und philosophisch-juristischern Kontext wäre ein solches Vorgehen nicht vertretbar. Man stelle sich vor, falls in einem oder jedem der drei Prozessschritte Informationen verloren gingen oder verändert werden. Und das ganze streitbare Thema um das Klonen von Lebewesen ist ja eh in aller Munde. Aber seien wir beruhigt: Dreidimensionales Teleportieren von Materie kann nicht funktionieren! Durch die so genannte Heisenbergsche Unschärferelation könne man niemals genügend Information scannen, um eine perfekte Kopie zu konstruieren, sagt die Wissenschaft. Bennett und Co. zeigten aber, dass mit Hilfe eines sehr bekannten und 1982 experimentell nachgewiesenem Effekt Quantenteleportation trotzdem möglich ist: dem Einstein-Podolsky-Rosen Paradox (kurz: EPR Paradox).

Das Quanteninternet kommt…

Was aber ist möglich? Zum Beispiel Quantenteleportation: Bei der gewöhnlichen Telekommunikation wird die Information über elektro-magnetische Impulse übertragen. Beispielsweise transportiert man gepulste Radiowellen und in Glasfaserverbindungen gepulste Lichtwellen. Bei der Quantenteleportaion tranportiert man nicht den Informationsträger, sondern nur die Information. Ermöglicht wird dies durch die quantenmechanische Eigenschaften des Systems, insbesondere die Verschränkung von Sende- und Empfängereinheit. Immer wieder gibt es kleine Forschungs-Durchbrüche wie zuletzt im Dezember 2019, als Forscher erstmals einen Weg fanden, wie sich ein verschränktes Quantensystem aus Photonen in zwei separaten Siliziumchips realisieren lässt. Das heisst im Klartext: Da sich in der Welt der Quantenphysik prinzipiell Information von einem Ort an den anderen verschieben lässt, könnte auch die Datenübertragung der Zukunft so funktionieren. Viele Terrabites könnten in Zukunft innerhalb von Sekundenbruchteilen von einem Ort zum anderen geschickt und geladen werden. Aber Achtung: Im Quanteninternet müsste die flüchtige Information aber auch verlässlich kopiert und weitergeleitet werden können. Um im Quanteninternet nämlich Daten über weitere Strecken ohne Verlust zu übertragen, müssten diese – wie im herkömmlichen Internet – zwischen verschiedenen Knoten mit einem sogenannten Repeater regelmässig aufgefrischt werden. Eine Lösung liegt im seltsamen Phänomen der Quantenverschränkung: Die macht es möglich, dass zwei Teilchen – etwa Lichtteilchen (Photonen) – wie durch Geisterhand miteinander verbunden bleiben. Die Messung an einem legt unmittelbar den Zustand des anderen fest, auch wenn sie beliebig weit voneinander entfernt sind. Man spricht in dem Zusammenhang von Quantenteleportation (Quelle: https://www.nature.com/articles/s41567-019-0727-x ).

Materie „beamen“ ist unmöglich

Konkret diskutierten Physiker/innen bereits zu Beginn der 1990er-Jahre die Idee der Quantenteleportation. 1997 gelang Anton Zeilinger von der Universität Wien und seinen Kollegen der experimentelle Durchbruch: Sie teleportierten einen Quantenzustand – also die quantenmechanischen Eigenschaften eines Teilchens – von einem Ort an einen anderen. Damals handelte es sich um ein sehr einfaches Quantensystem. Seither hat sich auf dem Feld einiges getan. Manuel Erhard von der Universität Wien ist einer der Spezialisten auf dem Gebiet. In einem Interview auf dem Fachportal www.weltderphysik.de erklärt er, wie Quantenteleportation funktioniert: „Im Gegensatz zu dem Bild, das viele Menschen aus Science-Fiction-Filmen haben, wird dabei nicht Materie von einem Ort zu einem anderen sozusagen ge-beamt. Quantenteleportation bedeutet, dass ein bestimmter Quantenzustand von einem Teilchen an einem Ort – etwa einem Atom – auf ein Teilchen an einem anderen Ort übertragen wird. Das Besondere an Quantenzuständen ist, dass sie in sogenannten Überlagerungen vorliegen können. Ein Elektron kann sich beispielsweise zugleich in die eine und in die andere Richtung drehen. Auch solche Überlagerungen werden teleportiert. Das Interessante an einer Quantenteleportation ist auch, dass der zu übermittelnde Zustand noch nicht einmal bekannt sein muss. Der Zustand des Ursprungsteilchens geht bei der Übertragung verloren und das andere Teilchen nimmt diesen Zustand an.“ Zur Übertragung nimmt man etwa zwei miteinander verschränkte Lichtteilchen, führt Erhard in diesem viel beachteten Interview fort. Solche verschränkten Teilchen hätten einen gemeinsamen Quantenzustand, sodass ihre Eigenschaften streng miteinander verknüpft sind. Eines der beiden Lichtteilchen schickt man an den Ort, an den der Quantenzustand letztlich teleportiert werden soll. Das andere geht eine Wechselwirkung mit dem Teilchen am Ursprungsort ein. Dabei überträgt sich die Quanteninformation des Ursprungssystems auf den verschränkten Zustand. Aufgrund der Verschränkung überträgt sich die Information auch auf das Lichtteilchen am Zielort. Das klinge, sagt Erhard, ein bisschen nach Zauberei, sei aber nichts weiter als Quantenphysik.

Realistisch: abhörsichere Verschlüsselung von Nachrichten mittels Lichtquanten

Es stellt sich nun die Frage, wie man die Technologie in Zukunft praktisch nutzen könnte: So werden seit Jahren Technologien entwickelt für die Teleportation von Teilchen durch ein weltumspannendes Quanten-Internet, das abhörsichere Nachrichten übermitteln und superschnelle Quantencomputer verbinden soll. Zwei Forscherteams aus China und Kanada haben es geschafft, Lichtteilchen über 15 (in der Stadt Hefei), beziehungsweise sechs Kilometer (in Calgary) durch grossstädtische Glasfasernetzwerke zu teleportieren – trotz störenden Umwelteinflüssen wie Schwankungen der Temperatur. Die kanadischen Forscher nutzten das städtische Glasfasernetz von Calgary, das während des Experiments für die Forscher reserviert war. In Hefei hingegen wurde ein Glasfasernetzwerk exklusiv für quantenphysikalische Experimente aufgebaut. China fördert den Aufbau solcher Infrastrukturen, weil es sie für die Quantenkryptografie, also die abhörsichere Verschlüsselung von Nachrichten mittels Lichtquanten, nutzen will. Die Quantenteleportation gilt demnach als ein wichtiger Baustein für ein verzweigtes, abhörsicheres Quanten-Netzwerk, denn erst durch eine Aneinanderreihung mehrerer Teleportationen kann die Reichweite der Quantenkryptografie auf deutlich mehr als die heute erreichbaren 300 Kilometer erhöht werden (div. Quellen).

Die Fakten

Quantenteleportation ist ein elementares Verfahren der Quantenkommunikation, bei welcher nicht etwa Teilchen im klassischen Sinne von A nach B übertragen werden, sondern die Quanteneigenschaften von Teilchen, also geht es um deren Quantenzustand. Merke: Da es keinen Übertragungsweg für die Teleportation gibt, kann man auch nicht von einer „Übertragungsgeschwindigkeit“ sprechen – auch nicht von (Über-)Lichtgeschwindigkeit. Die Idee der Quantenteleportation wurde von Asher Peres, William Wootters, Gilles Brassard, Charles H. Bennett, Richard Jozsa und Claude Crépeau 1993 in den Physical Review Letters veröffentlicht. Quantenteleportation wurde erstmals 1997 von Anton Zeilinger, fast gleichzeitig mit Sandu Popescu, Francesco De Martini und anderen durch quantenoptische Experimente mit Photonen demonstriert. Mittlerweile ist auch die Teleportation der Zustände einzelner Atome möglich. 2003 demonstrierte Nicolas Gisin mit seinem Team an der Universität Genf Quantenteleportation mit Photonen über grosse Distanzen (2 Kilometer  Glasfaser bei 55 Metern Abstand) und machte dies auch 2007 in kommerziellen Glasfaserkommunikationsnetzwerken. Über den Austausch von Photonen lassen sich Quantenzustände auch zwischen weit entfernten Ionen übertragen. Die Teilchen haben dabei keinerlei Kontakt.

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Joel Charles Wuethrich

Joel Charles Wuethrich

Agentur Working Press Basel